Numismatik – Münzgeschichte und Medaillenkunde

Ein Gothaer Friedensgroschen vor 374 Jahren

1648 endete ein 30 Jahre wütender Krieg. Als konfessionelle Auseinandersetzung zwischen der katholischen Liga und der protestantischen Union begonnen, fand er in einem blutigen Territorialkrieg um die Vorherrschaft in Europa seine Fortsetzung. Der ambivalente Kampfbegriff einer „wertebasierten“ Ordnung blieb späteren Zeiten vorbehalten. Als die Kriegsparteien sich erschöpft hatten, besannen sie sich auf bessere Werte – den Frieden – und verzichteten auf die Frage, welche Seite der größere Kriegsverbrecher war.

Am 26. Juni 1650 endlich wurde auf dem Nürnberger „Exekutionstag“ der in Münster und Osnabrück zwei Jahre zuvor beschlossene „Westfälische Frieden“ ratifiziert, an dem man seit April 1649 – vor 375 Jahren – auch wegen des Rückzugs der Kriegstruppen noch verhandeln musste. Erst danach konnte der Frieden feierlich begangen werden. Das Jahr 1650 wurde so als der Anfang einer neuen Friedensära betrachtet. Der Widerhall war groß. Nachweislich wurden allein seit dem 26. Juni 1650 bis Ende des Jahres 67 Friedensfeste im „Heiligen Römischen Reich deutscher Nation“ gefeiert, bis 1660 sogar über 200 Friedensfeste in ganz Europa.

Im protestantisch geprägten Ernestinischen Sachsen – von Altenburg, Weimar, Gotha bis Coburg – kam die Friedenssehnsucht besonders stark zum Ausdruck. Der Gothaer Gründer- und Friedensfürst Ernst der Fromme legte in einem gedruckten „Fürstlichen Ausschreiben“ den 11. und 12.  August 1650, den neunten Sonntag und Montag nach Trinitatis für die Feierlichkeiten in Gotha mit jährlicher Wiederholung fest.

Abb. 1, Ausschreiben 1650, Staatsarchiv Gotha

Als hätte er in einer Vision vor späteren Kriegen warnen wollen, schildert er drastisch das menschliche Leid der gerade überstandenen Zeit: in der „manch herrliches Land verwüstet, und darbey viel hunderttausend, ja Millionen Christen … jämmerlich ertödtet, auch durch … Hungersnoth, Seuchen, Kälte, Frost und anderes Ungemach ums Leben kommen oder … durch Marter, Pein und Qual ohn Unterschied des Standes und des Alters unbarmhertzigerweise … geängstiget.“

Der namhafte Gothaer Historiker des ausgehenden 18. Jahrhunderts, Johann Georg August Galletti schilderte in seiner Geschichte des Herzogtums Gotha 1779 den Ablauf der Friedensfeier:

„ Zu Gotha versammlete sich die Schuljugend vor dem Rathhause auf dem Markte und zog unter dem Klange musikalischer Instrumente nach der Augustinerkirche. Ihr folgten alle Stadtgeistlichen nebst den Schulcollegen, der Stadtrath und die ganze Bürgerschaft. Die um das (im Bau befindliche) Schloss aufgestellten Kanonen wurden abgefeuert … Der Herzog ließ zum Andenken große und kleine Geldarten austeilen und jedes Schulkind im ganzen Herzogthum bekam einen Groschen.“

Dies ist der 21 mm große Groschen mit Datum Gotha 11. Aug(ust) 1650 und der Wertangabe 1/24 Taler im „Reichsapfel“ auf der Rückseite zugleich als Verweis auf reichsrechtlich vorgeschriebenen Silbergehalt.

Abb. 2, Friedensgroschen Gotha 1650, Privatbesitz

Er ist zugleich die erste Prägung in der noch behelfsmäßig eingerichteten Münzschmiede im Erdgeschoss des Westflügels des Friedenstein, neben dem heutigen Eingang in die Ausstellungshalle. Wer ihn bekam, erhielt zur Erinnerung die zu befolgende christliche Programmatik mitgeliefert:

„Gott den Herren lobt und ehrt, der den Frieden uns beschert / fördert seine Furcht und Ehr, sonst besteht er nimmermehr.“ (I. B. als Zeichen des beauftragten Münzers Johann Braun)

In der 1987 erschienenen Geschichte der Münzstätte Gotha wurde für den Gothaer Friedensgroschen eine stattliche Auflage von ca. 14.000 Exemplaren nachgewiesen,  was sein Vorhandensein nicht nur in Museen und Münzkabinetten, sondern auch das gelegentliche Vorkommen im heutigen Münzhandel belegt. Das abgebildete Exemplar konnte privat vor wenigen Wochen in einer Leipziger Auktion erworben werden.

Das Pfingstfest auch als eine „Kultur des Friedens“ zu begehen, wie es Pabst Franziskus vorschlug, wäre ganz im Sinne der „Friedensstadt“ Gotha, in der Ernst der Fromme 35 Jahre segensreich wirkte und die Friedensnobelpreisträgerin Bertha von Suttner („Die Waffen nieder“) eine Woche vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs starb und im Columbarium auf dem Hauptfriedhof wunschgemäß ihre Ruhestätte erhielt.

Aufnahmen, Text: DR. WOLFGANG STEGUWEIT

Die Bewahrung und Publizierung numismatischer Schätze in öffentlicher und privater Hand am Beispiel des Münzkabinetts Gotha und der Salton-Collection/New York

Dr. Wolfgang Steguweit Vortrag 1. Februar 2023 Haus Lempertz Berlin

Der am Vorabend zur sechsten Auktion der bedeutenden Collection Salton/New York durch das Auktionshaus Künker/Osnabrück gebotene Vortrag schlug eine Brücke zwischen einem Münzkabinett und einer Privatsammlung mit den jeweiligen Gemeinsamkeiten und Besonderheiten, auch persönlichen wie kriegsbedingten Schicksalen. Die sammelnden Stärken und wissenschaftlichen Ambitionen der Sammler und Betreuer in historischer wie zeitgemäßer wissenschaftlicher Bearbeitung und Präsentation wurden anhand herausragender Erwerbungen, deren partieller Verluste und ihrem glücklichen Wiedergewinn dokumentiert. Berührungspunkte unterschiedlich gearteter Sammlungsbiografien mit ihren jeweiligen Netzwerken bis hin zum mäzenatisch wirkenden Osnabrücker Auktionshaus Künker konnten so sichtbar gemacht werden. Also: Gotha trat mit Salton in einen Dialog.

Medaille zum internationaler Kongress für Klinische Mikrobiologie und Infektionskrankheiten (ECCMID) in Berlin 1999 – von Wilfried Fitzenreiter (Nordhausen 1932 – 2008 Berlin)

„Gotha adelt“

eine Medaillenserie mit Potential

Zunächst nur zur Erinnerung an den 13. Thüringentag Gotha 2011 gedacht, sind seitdem bereits sechs Medaillen zu unterschiedlichen Anlässen entstanden, die hiermit vorgestellt werden. Einheitlich ist allen Medaillen eine Seite mit der Renaissancesilhouette des Rathauses und der Stadtmarke „Gotha adelt“ als Umschrift. Mit dieser 2010 kreierten Stadtmarke errang Gotha im bundesweiten Wettbewerb 2011 Platz 1 vor Karlsruhe und Görlitz. Auf die Frage, wie es zu der Stadtmarke kam, sagte damals Oberbürgermeister Knut Kreuch in einem Interview: „Ich habe 2007 die Bürgerinnen und Bürger aufgerufen, an der Schaffung des kulturellen Profils der Stadt mitzuwirken. Rund 500 Vorschläge sind eingegangen. Am Ende hat Dr. Wolfgang Steguweit mit „Gotha adelt“ sprichwörtlich gesehen den Nagel auf den Kopf getroffen. Der „Almanac de Gotha“ hat vor 250 Jahren dem Namen den Einzug in die Weltsprachen eröffnet. Im Italienischen oder im Französischen verbindet man mit Gotha Worte wie „Spitze“ und das „Herausragende“. Es war deshalb höchste Zeit, den Wohlklang unseres Stadtnamens auch stadtmarketingtechnisch zu nutzen. Sprechen sie einmal „Gotha adelt“, und sie spüren, wie gut das tut! “Für die Gestaltung der Medaillen wurde das Berliner Künstlerehepaar Sneschana Russewa-Hoyer (grafischer Entwurf) und Heinz Hoyer (plastisches Modell) gewonnen. Die Prägung im einheitlichen Durchmesser von 40 mm erfolgte in der Staatlichen Münze Berlin. 

Gotha Adelt, Revers

Die Medaillen erscheinen immer zu besonderen Anlässen. Die aktuelle ist, CONRAD EKHOF 300. GEBURTSTAG, erhältlich im „Gotha Adelt“ Laden in der Touristinformation Gotha am unteren Hauptmarkt. Der Erlös dieser Medaille kommt zu einhundert Prozent der Kulturstiftung Gotha zugute. Die fünfte Medaille ist eine Dankmedaille, die der Oberbürgermeister der Stadt Gotha vergibt.

Text und Bilder: Dr.Wolfgang Steguweit, Eingestellt: Hans-Joachim Möller, BSV Gotha 90 e.V.

Münzkabinett Gotha

Heft 4/2011 der Zeitschrift „Arsprototo“ der Kulturstiftung der Länder, Stiftung Schloss Friedenstein Gotha

Autor: Dr. Wolfgang Steguweit und Martin Hornes

Geldgeschichtliche Nachrichten, Heft 263, 9/2012

Goldmünzen und Goldmedaillen des Kurfürsten und Königs Friedrich III./I. (1688–1701–1713) von Brandenburg-Preussen.

Autor: Dr. Wolfgang Steguweit

Gold aus Gotha

Die Rückkehr der verlorenen Dukaten, ein Beitrag aus der MünzenRevue 10/2012
 
Gothas barocke Landesfürsten im Spiegel ihrer Medaillen, ein Beitrag aus der MünzenRevue 11/2012
 
Autor: Dr. Wolfgang Steguweit

Saxonia Numismatica, Linea Ernestinae, Teile 1-3

Numismatisches Nachrichtenblatt 6-8/2016

Ernestiner Teil 1
Ernestiner Teil 2
Ernestiner Teil 3
Autor: Dr. Wolfgang Steguweit

Kleingeld und Großgeld in Thüringen um 1300

Numismatisches Nachrichtenblatt 12/2012

Autor: Dr. Wolfgang Steguweit